Steuerliche Folgen des Steueroasenabwehrgesetzes ab 2024

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten, liebe Freunde,

bei dem Wort „Steueroase“ werden nicht nur Steuerzahler hellhörig, sondern natürlich auch die Finanzbehörden. Wenn Sie Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse zu einem Land oder Gebiet unterhalten, das als sogenanntes Steuerparadies gilt, sind Sie gegebenenfalls direkt von den folgenden Maßnahmen betroffen. Zur Vermeidung der drohenden Konsequenzen empfehlen wir eine frühzeitige Prüfung der Auswirkungen und möglicher Maßnahmen.

Am 14. Februar 2023 hat der Rat der Europäischen Union die EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke ergänzt. Neu aufgenommen wurden die Länder Russland, die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und die Marshallinseln. Im Folgenden stellen wir Ihnen vor, welche Auswirkungen und Konsequenzen sich aus der sogenannten „schwarzen Liste“ ergeben.

Insbesondere möchten wir hervorheben, dass die ersten Maßnahmen für Geschäftsbeziehungen mit Russland bereits ab dem 1. Januar 2024 greifen. Dazu gehört die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung, der verpflichtende Quellensteuereinbehalt und die erhöhten Mitwirkungspflichten, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Was ist die EU-Liste nicht kooperativer Länder?

Ziel der Liste ist die Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung. Länder, die unter anderem auch als Steueroasen bekannt sind, sollen mittels konkreter Maßnahmen zu einer Anpassung ihrer Steuerpolitik bekräftigt werden.

Dabei wird in zwei Gruppen unterschieden, je nachdem, ob die Länder Zusagen zu Nachbesserungen machen und man ihnen Zeit zur Umsetzung gewährt. Im Anhang I, umgangssprachlich auch der „schwarzen Liste“, werden die Länder genannt, die keine Zusagen zu Nachbesserungen machen. Darunter wurden alle oben genannten Länder eingruppiert, die am 14. Februar 2023 auf der EU-Liste ergänzt wurden.

Im Anhang II hingegen, der „grauen Liste“, werden die Länder einsortiert, denen man Zeit zur Umsetzung etwaiger Reformen und Maßnahmen gewähren möchte. Auf der „grauen Liste“ finden sich aktuell zum Beispiel Hong Kong und Katar.

Welche Konsequenzen resultieren aus der EU-Liste?

Wesentliche Konsequenzen ergeben sich aus steuerlichen Maßnahmen. So besteht eine gesteigerte Mitwirkungspflicht nach dem Steueroasen-Abwehrgesetz und erhöhte Meldepflichten bei grenzüberschreitender Steuergestaltung gemäß §§138d AO ff.

Weitere Auswirkungen ergeben sich durch finanzielle Beschränkungen. So werden diverse Mittel des EU-Haushalts, wie zum Beispiel die Investitionen des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung, eingeschränkt.

Im Folgenden gehen wir auf die einzelnen Maßnahmen des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) ein. Die Maßnahmen greifen gemäß §7 StAbwG, wenn ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse in einem gelisteten Staat unterhält. Zusätzlich zu der Aufführung als nicht kooperatives Land/ Gebiet für Steuerzwecke, muss ein Land bzw. Gebiet mindestens eines der folgenden Merkmale aufweisen, damit das StAbwG Anwendung findet:

  • Intransparenz in Steuersachen,
  • ein unfairer Steuerwettbewerb oder
  • die Nichterfüllung der BEPS-Mindeststandards.

Dazu gehören zum Beispiel eine niedrige Effektivbesteuerung bzw. eine Nullbesteuerung sowie ein mangelnder Austausch mit der Bundesrepublik Deutschland und den Mitgliedsstaaten der EU.

  • 8 StAbwG – Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs

Demnach dürfen Aufwendungen aus Geschäftsvorgängen im Zusammenhang mit nicht kooperativen Staaten nicht abgezogen werden.

Eine Ausnahme greift, wenn die Erträge beim Geschäftspartner, die mit den Aufwendungen zusammenhängen, der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht gemäß Einkommen- oder Körperschaftssteuergesetz unterliegen.

Eine weitere Ausnahme besteht, wenn auf Grund der aus den Aufwendungen resultierenden Einnahmen bereits ein Hinzurechnungsbetrag im Sinne des §10 Abs. 1 AStG zu berücksichtigen ist.

Das Vorgehen soll anhand eines vereinfacht dargestellten Beispiels verdeutlich werden:

Die A-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland bezieht ein Darlehen von der B. OOO mit Sitz und Geschäftsleitung in Russland.

Lösung:

Gemäß §8 Abs. 1 StAbwG* ist ein Betriebsausgabenabzug der gezahlten Zinsen auf Ebene der A-GmbH ausgeschlossen, da die B. OOO. ihren Sitz und Geschäftsleitung in einem gelisteten Staat hat.

*Potentielle weitere Zinsabzugsbeschränkungen wie die Zinsschranke nach §4h EStG sollen der Einfachheit halber in dem Beispiel außen vorgelassen werden.

Ausnahme 1:

Würde im obenstehenden Sachverhalt zum Beispiel greifen, wenn die B. OOO in Deutschland eine Betriebsstätte unterhielte, der die Zinsforderungen zuzuordnen sind. Die Betriebsstätte würde mit den Einnahmen der beschränkten Steuerpflicht gemäß §2 KStG unterliegen. Die Zinsen wären dann bei der A-GmbH zum Betriebsausgabenabzug zugelassen.

Ausnahme 2:

Würde im obenstehenden Sachverhalt greifen, wenn zum Beispiel die C-AG mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland zu 100% an der B. OOO. beteiligt wäre. In diesem Fall hätte die C-AG für die niedrig besteuerten passiven Zinseinkünfte einen Hinzurechnungsbetrag nach §10 AStG zu erfassen. In dem Fall wird der Betriebsausgabenabzug nicht noch zusätzlich auf Ebene der A-GmbH versagt.

  • 9 StAbwG – Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung

Im Falle einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person, die an einer ausländischen Gesellschaft mit Ansässigkeit in einem nicht kooperativen Staat beteiligt ist, gilt die ausländische Gesellschaft als Zwischengesellschaft für ihre gesamten Einkünfte. Voraussetzung ist, dass die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft im Herkunftsland einer niedrigen Besteuerung unterliegen.

Beispiel (vereinfachte Darstellung):

Die inländische A-GmbH ist zu 100% an der B-OOO mit Sitz und Geschäftsleitung in Russland beteiligt. Die B-OOO erbringt eine Dienstleistung an die C-OOO, die ihren Sitz und die Geschäftsleitung ebenfalls in Russland innehat.

Lösung:

Grundsätzlich wären die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Hinzurechnung nach §10 AStG nicht erfüllt, da die Dienstleistung im vorliegenden Fall als aktive Einkünfte im Sinne des §8 Abs. 1 Nr. 5 AStG gelten sollen. Nun bewirkt jedoch §9 StAbwG, dass die B-OOO. als Zwischengesellschaft für ihre gesamten Einkünfte gilt und fordert die Hinzurechnung der entsprechenden Einkünfte zum Gewinn der A-GmbH. Dies gilt sogar ungeachtet etwaiger Ausnahmeregelungen oder Freigrenzen, die im AStG Anwendung finden würden.

  • 10 StAbwG – Quellensteuer

Die gesamten Einnahmen bestimmter Einkünfte obliegen einer Quellenbesteuerung von 15%. Dazu gehören zum Beispiel Einkünfte aus Finanzierungsbeziehungen, (Rück-)Versicherungsprämien und Einkünfte aus der Erbringung von Dienstleistungen.

Beispiel (vereinfachte Darstellung):

Die inländische A-GmbH bezieht eine Dienstleistung von der in Russland ansässigen B-OOO.

Lösung:

Normalerweise unterliegt die B-OOO mit den Einkünften, die sie aus der Dienstleistungserbringung erzielt, nicht der Besteuerung in Deutschland, da sie weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig ist. Die Leistungen sind nicht Bestandteil der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des §49 EStG.

  • 10 StAbwG bewirkt nun ungeachtet der mangelnden Steuerpflicht in Deutschland, dass der Einbehalt einer 15%igen Quellensteuer verpflichtend ist. Die A-GmbH hat den Steuerabzug für Rechnung der B-OOO vorzunehmen sowie die Steuer anzumelden und abzuführen.
  • 11 StAbwG – Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerung
  • 8b Abs. 1 KStG regelt, dass bestimmte Kapitaleinkünfte wie Dividenden grundsätzlich steuerfrei zu behandeln sind. Durch den §11 StAbwG ist diese Steuerbefreiung sowie damit vergleichbare Vorschriften des entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommens nicht anzuwenden.

Eine Ausnahme greift nur, wenn bereits eine Hinzurechnung nach §10 StAbwG erfolgte oder der Betriebsausgabenabzug gemäß §8 StAbwG versagt wurde.

Beispiel (vereinfachte Darstellung):

Die inländische A-GmbH bezieht eine Dividende von der B-Ltd., die ihren Sitz und Geschäftsleitung auf den Britischen Jungferninseln hat und an der die A-GmbH zu 25% beteiligt ist.

Lösung:

Grundsätzlich wäre die Dividende zu 100% steuerfrei, wobei 5% als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben wieder hinzugerechnet werden, so dass effektiv 95% steuerfrei sind. Die Anwendung des §8b Abs. 1 KStG wird durch §11 StAbwG versagt, so dass die Dividende nunmehr vollständig als steuerpflichtige Einnahme zu erfassen ist.

  • 12 StAbwG – Gesteigerte Mitwirkungspflichten

Der Steuerpflichtige ist nach § 12 StAbwG verpflichtet, Aufzeichnungen über Geschäftsvorgänge mit Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet zu erstellen. Das schließt auch Geschäftsvorgänge mit fremden Dritten ein. Dabei sind unter anderem Aufzeichnungen über Art und Umfang der Geschäftsbeziehungen zu führen, wie zum Beispiel den Wareneinkauf und Dienstleistungen. Die Aufzeichnungen sind spätestens ein Jahr nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres zu erstellen und an die zuständige Finanzbehörde zu übermitteln.  

Zeitlicher Anwendungsrahmen

Die Maßnahmen des Steueroasen-Abwehrgesetzes finden grundsätzlich seit dem 1. Januar 2022 Anwendung. Für Länder, die am 1. Januar 2021 noch nicht auf der EU-Liste standen, also die Länder, die, wie oben beschrieben, erst im Jahr 2023 in die Liste aufgenommen wurden, greifen die Maßnahmen erst ab dem 1. Januar 2023.

Darüber hinaus finden die einzelnen Maßnahmen stufenweise Anwendung. Die §§9, 10 und 12 StAbwG sind erst in dem Jahr anzuwenden, das dem Jahr in dem das jeweilige Land auf die Liste kam und durch Rechtsverordnung veröffentlich wurde, folgt. So wurden Russland und die Britischen Jungferninseln zum Beispiel im Februar 2023 auf die EU-Liste gesetzt, so dass die Regelungen im Folgejahr anzuwenden sind, das heißt ab Januar 2024.

  • 11 StAbwG ist erst ab Beginn des 3. Jahres und §8 StAbwG erst ab Beginn des 4. Jahres nach Inkrafttreten der Verordnung anzuwenden. Am Beispiel von Russland bzw. den Britischen Jungferninseln bedeutet das, dass §11 StAbwG ab 2026 Anwendung findet und §8 StAbwG ab dem Jahr 2027.

Was bedeutet das für Sie?

Haben Sie festgestellt oder sind Sie unsicher, ob Ihre Geschäftsbeziehungen und Beteiligungsverhältnisse von den Maßnahmen betroffen sind? Dann empfehlen wir dies rechtzeitig zu prüfen und sich über mögliche Konsequenzen und erforderliche Maßnahmen zu informieren.

Wenn Sie Handlungs- oder Beratungsbedarf sehen, wenden Sie sich bitte an uns – wir unterstützen Sie gern!

Freundliche Grüße

Anhang I

  • Amerikanisch-Samoa
  • Anguilla
  • Bahamas
  • Britische Jungferninseln
  • Costa Rica
  • Fidschi
  • Guam
  • Marshallinseln
  • Palau
  • Panama
  • Russland
  • Samoa
  • Trinidad und Tobago
  • Turks- und Caicosinseln
  • Amerikanische Jungferninseln
  • Vanuatu

Anhang II

  • Türkei
  • Aruba
  • Belize
  • Curaçao
  • Israel
  • Botsuana
  • Dominica
  • Seychellen
  • Katar
  • Hongkong
  • Malaysia
  • Jordanien (Sonderwirtschaftszone Aqaba)
  • Albanien (Industrieanreize)
  • Armenien (freie Wirtschaftszonen und Informationstechnologie-Projekte)
  • Eswatini (Sonderwirtschaftszone)
  • Montserrat
  • Thailand
  • Vietnam

Anlage: EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke

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