Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten, liebe Freunde,
als würde eine Prüfungsanordnung nicht ohnehin schon zu so manchen Sorgen führen, kommt es nun durch den § 90 Abs. 4 AO zu einer weiteren Verschärfung. Die erhöhten Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit der Dokumentation von Verrechnungspreisen führen zu zusätzlichen Verpflichtungen und das nicht nur im Rahmen einer Außenprüfung. Außerdem führt die Änderung unter Umständen zu einem Anpassungsbedarf Ihrer internen Unternehmensabläufe.
Aufzeichnungen zur Verrechnungspreisdokumentation
Gemäß § 90 Abs. 3 AO haben Sie über Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer nahestehenden Person Aufzeichnungen zu erstellen – die sog. Verrechnungspreisdokumentation.
Die Definition einer nahestehenden Person ist in §1 Abs. 2 AStG zu finden. Es gilt unter anderem als sich nahstehend, wer eine Beteiligung an dem gezeichneten Kapital von mindestens 25% an dem Steuerpflichtigen innehat oder wer einen beherrschenden Einfluss auf den Steuerpflichtigen ausüben kann. Halten Sie also beispielsweise eine 25%ige Beteiligung an einem anderen Unternehmen, sind Sie möglicherweise zur Führung einer Verrechnungspreisdokumentation verpflichtet.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, ergeben sich daraus diverse Aufzeichnungspflichten, die Sie im sog. Local File dokumentieren müssen. Gemäß §90 Abs. 3 S. 2 AO sind über landes- und unternehmensbezogene Informationen eine Sachverhalts-, eine Verrechnungspreis- sowie eine Angemessenheitsdokumentation zu erstellen. Die Verpflichtung zur Erstellung eines Local Files entfällt gemäß §6 GAufzV, wenn Sie im Wirtschaftsjahr Entgelte für Lieferung aus Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen von nicht mehr als 6 Millionen Euro erzielt haben und Entgelte für Leistungen aus Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen von nicht mehr als 600.000 Euro geleistet wurden.
Handelt es sich in Ihrem Fall um eine multinationale Unternehmensgruppe, deren Umsätze im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mehr als 100 Millionen Euro betragen hat, ist auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit und die angewandte Systematik bei der Verrechnungspreisbestimmung zu erstellen (sog. Master File).
Hat der Umsatz im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Millionen Euro betragen, ist gemäß §138a AO nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zusätzlich ein länderbezogener Bericht zu erstellen (Country-by-Country Reporting).
Die Neuerungen auf einen Blick
Alte Fassung des §90 Abs. 3 AO
• Aufzeichnungen zur Verrechnungspreisdokumentation werden grundsätzlich nur im Rahmen einer Außenprüfung verlangt
• Beim Verlangen der Aufzeichnungen (also in der Regel im Rahmen einer Außenprüfung), sind diese prinzipiell innerhalb von 60 Tagen vorzulegen
Die Neuerungen durch §90 Abs. 4 AO
• Aufzeichnungen zur Verrechnungspreisdokumentation sind auf Verlangen vorzulegen (auch unabhängig von einer Außenprüfung)
• Bei Anforderung oder nach Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung, die keine Aufforderung zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation enthalten muss, beträgt die Frist zur Vorlage grundsätzlich nur noch 30 Tage
• Die Vorlage der Aufzeichnungen hat bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung unaufgefordert zu erfolgen
Anwendungszeitpunkt
Die Änderungen durch den neu eingefügten §90 Abs. 4 AO gelten für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen.
Außerdem gelten die Änderungen für Steuern, die zwar vor dem 31.12.2024 entstanden sind, wenn Ihnen aber nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung für diese Steuern bekannt gegeben wird.
Was bedeutet das für Sie?
Aufzeichnungen zur Verrechnungspreisdokumentation sollten Sie künftig im besten Fall stetig führen. Bei einer Prüfungsanordnung müssen die Unterlagen unaufgefordert vorgelegt werden. Dadurch entfällt in den meisten Fällen die Möglichkeit die Aufzeichnungen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nachträglich zu erstellen oder gar zu hoffen, dass die Aufzeichnungen gar nicht erst angefordert werden.
Der Dokumentationsaufwand in Ihrem Unternehmen wird folglich erhöht. Nicht verwertbare oder unangemessene Verrechnungspreisdokumentation können zu Schätzungen sowie Strafzahlungen führen und den Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung bis hin zur Steuerhinterziehung erfüllen.
Wenn Sie Handlungs- oder Beratungsbedarf sehen, wenden Sie sich bitte an uns – wir unterstützen Sie gern!




