Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten, liebe Freunde,
schon wenige Wochen nach dem Jahreswechsel stellen wir fest, dass sich aufgrund des Steueroasenabwehrgesetzes deutliche Auswirkungen in unserer täglichen Praxis ergeben. Die Brisanz des Themas und die ständig neuen Entwicklungen, möchten wir heute noch mal zum Anlass nehmen, um Ihnen ein kurzes Update zu geben und um Ihnen zwei Konsequenzen näher vorzustellen, die aus unserer Sicht signifikante Auswirkungen in der Praxis haben.
Nochmal auf den Punkt gebracht:
- Die Einstufung als nicht kooperatives Land bzw. Gebiet für Steuerzwecke wird von dem Europäischen Rat vorgenommen und über die sogenannte „schwarze Liste“/ Anhang I veröffentlicht
- Konsequenzen werden durch jeweiliges nationales Recht umgesetzt. In Deutschland erfolgt dies unter anderem durch die Regelungen des Steueroasenabwehrgesetzes (StAbwG)
- Das Steueroasenabwehrgesetz gilt nur für die Länder, die in §2 der Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV) genannt werden
- §2 StAbwV führt ausschließlich Länder auf, die auf der schwarzen Liste stehen
Was hat sich seit unserem letzten Newsletter getan?
Die Steueroasenabwehrverordnung (§2 StAbwV) wurde mit Wirkung vom 21.12.2023 um folgende Länder ergänzt:
- Antigua und Barbuda
- Belize
- Russische Föderation
- Seychellen
Das heißt, für diese Länder gelten stufenweise die gesetzlichen Regelungen des Steueroasenabwehrgesetzes.
Am 20. Februar 2024 hat der Europäische Rat eine überarbeitete schwarze Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete veröffentlicht:
- Amerikanisch-Samoa
- Anguilla
- Antigua und Barbuda
- Fidschi
- Guam
- Palau
- Panama
- Russland
- Samoa
- Trinidad und Tobago
- Amerikanische Jungferninseln
- Vanuatu
Das bedeutet, die Bahamas, Belize, die Seychellen sowie die Turks- und Caicoinseln werden nicht mehr als nicht kooperative Länder eingestuft! Sofern sich an der positiven Entwicklung der Steuerpolitik dieser Länder nichts ändert, ist damit zu rechnen, dass sie auch aus §2 StAbwV wieder gestrichen werden.
In der Folge bedeutet das, dass für diese Länder das Steueroasenabwehrgesetz voraussichtlich keine Anwendung mehr finden wird, sobald eine entsprechende Überarbeitung des §2 StAbwV erfolgt ist.
Konsequenzen des Steueroasenabwehrgesetzes – Fall 1:
Russland wird nach wie vor als nicht kooperatives Land eingeordnet. Demnach greifen die ersten Maßnahmen für Geschäftsbeziehungen mit Russland bereits seit dem 1. Januar 2024. Die steuerlichen Konsequenzen finden, wie in unserem letzten Newsletter dargestellt, zeitlich stufenweise Anwendung. Demzufolge greifen für Russland im Jahr 2024 zunächst §9, §10 und §12 StAbwG.
Wer jetzt zum Beispiel eine Dienstleistung von einem in Russland ansässigen Unternehmen erhält, ist nach §10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAbwG in Verbindung mit §50a Abs. 5 EStG zu einem Quellensteuerabzug von 15% verpflichtet.
Anhand von Zahlen bedeutet das:
Unternehmen A mit Sitz in Deutschland erhält eine Beratung von Unternehmen B mit Sitz in Russland. B stellt dafür 100 EUR in Rechnung. Bei Zahlung der Rechnung, hat A den Steuerabzug in Höhe von 15% vorzunehmen. Wurde der Steuerabzug seitens Unternehmen B nicht eingepreist, hat es zur Folge, dass A insgesamt 117,65 EUR bezahlen muss. 100 EUR für die Begleichung der Rechnung und 17,65 EUR für die Abführung der Steuerschuld. *
*vereinfachte Darstellung, ohne Berücksichtigung umsatzsteuerlicher Thematiken
Maßgeblich ist dabei immer der Zahlungszeitpunkt. Das heißt, auch für den Fall, dass Dienstleistungen bereits vor 2024 erbracht wurden und seitens des deutschen Unternehmens zunächst als Verbindlichkeit eingestellt wurden, führt die Zahlung im Jahr 2024 zur Verpflichtung des Quellensteuereinbehalts.
Konsequenzen des Steueroasenabwehrgesetzes – Fall 2:
Erhebliche Konsequenzen in der Praxis haben ebenfalls die gesteigerten Mitwirkungspflichten nach §12 StAbwG. Demnach müssen bei Geschäftsvorgängen mit nicht kooperativen Ländern weitreichende Aufzeichnungen geführt und an die Finanzbehörden übermittelt werden. Es drohen empfindliche Zuschlagszahlungen bei Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten.
Inhalt der Aufzeichnungen:
- Art und Umfang der Geschäftsbeziehungen (z.B. erbrachte/erhaltene Dienstleistungen, gewährte Kredite, Wareneinkauf)
- Angaben über Verträge und Vereinbarungen im Zusammenhang mit diesen Geschäften
- Angaben zu vorhandenen immateriellen Wirtschaftsgütern
- Darstellung der übernommenen Funktionen und Risiken
- Gewählte Geschäftsstrategien
- relevante Markt- und Wettbewerbsbedingungen
- Angaben zu den Personen, die Gesellschafter des Geschäftspartners im nicht kooperativen Land sind
Die Aufzeichnungen sind innerhalb von einem Jahr nach Ablauf des Kalender- bzw. Wirtschaftsjahres zu erstellen und an die zuständige Finanzbehörde, in besonderen Fällen an das Bundeszentralamt für Steuern, zu übermitteln.
Zeitliche Anwendung:
- 12 StAbwG findet grundsätzlich seit dem 01.01.2022 Anwendung. Für Länder, die am 01.01.2021 nicht auf der „schwarzen Liste“ standen, finden die Regelungen ab dem 01.01.2023 Anwendung.
Für Länder, die nach §2 StAbwV neu als nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet eingestuft werden, greift die Anwendung ab dem Folgejahr.
Darüber hinaus greift eine Nichtbeanstandungsregelung für Geschäftsjahre, die vor dem 31.12.2022 begonnen haben. Für die betroffenen Geschäftsvorgänge können die Aufzeichnungen bis zum 31.05.2024 abgegeben werden.
Wir haben Ihnen in der Anlage eine Übersicht der Länder inklusive zeitlichen Geltungsbereich beigefügt.
Konsequenzen bei Nichterfüllung der gesteigerten Mitwirkungspflichten:
- Schätzungsbefugnis nach §162 Abs. 2 S. 3 AO von unerklärten oder zu gering erklärten Einkünften
- Festsetzung eines Zuschlages in Höhe von 5.000 EUR
- Festsetzung eines Zuschlages von mindestens 5% bis maximal 10% der hinzugeschätzten Einkünfte, sofern sich danach ein Zuschlag von mehr als 5.000 EUR ergibt
- Festsetzung eines Zuschlages in Höhe von maximal 1.000.000 EUR bei verspäteter Abgabe, mindestens jedoch 100 EUR pro Tag der Verspätung
Im Unterschied zu einer vollständigen Verrechnungspreisdokumentation, fordern die obenstehenden Aufzeichnungen keine detaillierte Verrechnungspreisanalyse. Bitte beachten Sie jedoch, dass die Finanzbehörde in diesem Zusammenhang durchaus die Vorlage einer kompletten Verrechnungspreisdokumentation anfordern kann.
Was bedeutet das für Sie?
Haben Sie festgestellt oder sind Sie unsicher, ob Ihre Geschäftsbeziehungen und Beteiligungsverhältnisse von den Maßnahmen betroffen sind? Dann empfehlen wir dies rechtzeitig zu prüfen und sich über mögliche Konsequenzen und erforderliche Maßnahmen zu informieren.
Wenn Sie Handlungs- oder Beratungsbedarf sehen, wenden Sie sich bitte an uns – wir unterstützen Sie gern!
Freundliche Grüße
Anlage: Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete




