Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten, liebe Freunde,
nahezu täglich gibt es neue Entwicklungen in dem Krieg mit Russland. Dabei werden auch Entscheidungen getroffen, die steuerliche Konsequenzen auf internationaler Ebene mit sich bringen.
So wurde seitens Russlands am 8.8.2023 beschlossen, die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit 38 „unfreundlichen“ Staaten zeitweise auszusetzen. Zu den betroffenen Staaten gehören unter anderem die EU-Mitgliedsstaaten und somit auch die Bundesrepublik Deutschland. Dadurch finden, zumindest von russischer Seite, bestimmte Artikel des Doppelbesteuerungsabkommens keine Anwendung mehr. Von der Aussetzung betroffen sind die Artikel 5 bis 22 sowie Artikel 24 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA).
Welche Folgen bringt die Aussetzung mit sich?
Regelmäßig kommt es zu grenzüberschreitenden Sachverhalten, bei denen zwei oder sogar mehrere Länder einen Anspruch auf die Besteuerung erheben.
Anhand des folgenden Falls möchten wir Ihnen beispielhafte Folgen der Aussetzung des Doppelbesteuerungsabkommens aufzeigen.
Angenommen ein Steuerpflichtiger, der seinen Wohnsitz in Deutschland innehat, überlässt einer russischen Gesellschaft ein Darlehen und erhält dafür Zinsen. Hat nun Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen oder Russland als Quellenstaat das Besteuerungsrecht auf die Zinseinahmen? Oder teilen sich die Länder das Besteuerungsrecht im Zweifel sogar?
Feststeht, dass Einkünfte nach deutschen Prinzipien nicht unversteuert bleiben sollen. Aber auch eine Doppelbesteuerung darf es nicht geben.
An dieser Stelle kommen die Doppelbesteuerungsabkommen, die zwischen den verschiedensten Ländern geschlossen wurden, ins Spiel. Darin finden sich Vereinbarungen zwischen den Ländern darüber, wem das Besteuerungsrecht zusteht und wie eine potentielle Doppelbesteuerung vermieden wird.
In unserem vorliegenden Beispielfall wird gemäß Artikel 11 Abs. 1 DBA Deutschland/ Russland dem Ansässigkeitsstaat, also in dem Fall Deutschland, das Besteuerungsrecht zugeordnet. Russland erhebt auf die Zinszahlungen grundsätzlich eine Quellensteuer in Höhe von 20%, welche jedoch auf Antrag und nach Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung aus Deutschland erstattet wird. Im Ergebnis würden also ausschließlich in Deutschland Steuern auf die Zinseinnahmen erhoben.
Und hier liegt der Knackpunkt! – Durch die teilweise Aussetzung des DBA Deutschland/ Russland erkennt Russland das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates nicht mehr an und erstattet die Quellensteuer demzufolge auch nicht mehr. Es kommt zu einer Doppelbesteuerung, da Deutschland das Besteuerungsrecht nach nationalem Recht für sich beansprucht und Russland ebenfalls nach nationalem Recht eine Quellensteuer in Höhe von 20% erhebt.
Von der Aussetzung sind ebenfalls insbesondere die Regelungen zu Dividendenzahlungen und Lizenzen betroffen. Während Dividenden zuvor unter bestimmten Umständen einem ermäßigten Quellensteuereinbehalt von 5% gemäß Artikel 10 Abs. 1 B. a) DBA DE/RUS unterlagen, erhebt Russland nunmehr regelmäßig 15%.
Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren oblag zuvor gemäß Artikel 12 DBA DE/RUS analog den Zinseinkünften dem Ansässigkeitsstaat, während Russland fortan eine Quellensteuer von 20% erhebt.
Was bedeutet das für Sie?
Die teilweise Aussetzung des DBAs Deutschland/ Russland greift nach herrschender Meinung bereits seit Erlass des russischen Präsidialdekrets am 8.8.2023.
Es bleibt aktuell abzuwarten, ob und in welcher Form es eine Reaktion von Seiten der Bundesrepublik Deutschland geben wird. Die Auswirkungen durch erhöhte Steuerzahlungen oder Doppelbesteuerungen betreffen Sie aber gegebenenfalls schon jetzt.
Wenn Sie Handlungs- oder Beratungsbedarf sehen, wenden Sie sich bitte an uns – wir unterstützen Sie gern!




